Erfahrungsbericht Chrysler Sebring 2.7 (203 PS) von Anonymous, April 2015
Ich habe den Wagen vor gut einem Jahr günstig gebraucht gekauft - aus erster Hand und scheckheftgepflegt mit 104'tkm und seither über 22'tkm runter gerissen.
Was gibt es zu beachten bei dem Wagen? Der Wagen ist ein Cruiser, kein Racer! Wer ein Auto sucht um andere auf der Bahn zu jagen, ist damit falsch beraten. Nicht dass dem Wagen die Leistung fehlt, jedoch sollte man ein Auto entsprechend des Fahrzeugcharakters bewegen und das ist beim Chrysler Sebring JR 2.7 eindeutig das gemütliche Cruisen.
Wie für einen Ami typisch hat man massig Platz im Innenraum, einen recht großen Kofferraum, Vollleder, Automatik, Klima, Tempomat gehört zum Standard und gleicht einem Wohnzimmer auf Rädern. Aber mal eins nach dem anderen.
Innenraum: Viel Leder und Plastik wohin das Auge schaut. Die Verarbeitung könnte sicherlich etwas besser sein, wirkt jedoch keinesfalls minderwertig. Nachdem ich diese Platikwurzelholzapplikationen überfoliert (Carbon) habe, wirkt die ganze Sache schon stimmiger. Eine nachgerüstete Fußraumbeleuchtung tut sein Übriges.
Fahrwerk: Typisch amerikanisch weich und auf Komfort ausgelegt. Kann auch mit der europäischen Mittelklasse mithalten. Der Wagen legt sich gut in die Kurven und bügelt Unebenheiten locker weg. Nur bei Bordsteinkanten oder Kopfsteinpflaster rumpelt er ein wenig beleidigt. Die Lenkung arbeitet sanft und ist sehr direkt, da können sich einige europäische Autos eine Scheibe von abschneiden. Die Bremsen packen ordentlich zu wenn es sein muss, aber wie es in Amilanden bei max. 60mph auf geradem Highway üblich, ist sie auch nicht für Hochleistung ausgelegt. Die Bremsen könnten für mein Geschmack etwas bissiger sein.
Antrieb: Bärenstarker Motor. Das war es dann auch schon wieder. Der V6, der schön sonor vor sich hinschnurrt und auch faucht, wenn man ihm die Sporen gibt, wird von der Automatik leider so sehr gewürgt, dass sich die 203PS höchstens wie 150 anfühlen. Er zieht zwar gut ab, die Beschleunigung kann sich auch sehen lassen - vorallem die Elastizität von bspw. 80 - 160km/h - allerdings hofft man bei der Leistung auf mehr Sportlichkeit. Aber da wären wir wieder beim Charakter... Der Wagen schafft zwar seine 216km/h, aber eben gemütlich - jedoch ohne sich zu quälen.
Verbrauch: Das Vorurteil, dass Amis schwere, benzinfressende, klobige Stahlkolosse sind, kann ich nicht teilen. Tempomat auf BAB mit 140km/h, in der Stadt mit 60km/h und alles fließend, pendelt sich der Verbauch bei 9 Litern ein. Ganz fair wie ich finde. Und bevor einer meint, das wäre zu viel: Der Wagen hat SECHS Zylinder und >2.7 Liter bei ca 1,6t Leergewicht! Der Brennraum will gefüttert und das Auto bewegt werden. Und bei Bleifuß mit 190+ frisst jeder Vierzylinder-Sauger ebenso seine 20 Liter, wie es der Chrysler tut...
Alltagsnutzen: Für Kurzstrecken ein absolutes NoGo, weil es sich hierbei um ein absolutes Langstreckenfahrzeug handelt. Der Verbrauch in der Stadt bei Stop'n'Go schnellt auf 10 bis 12 Liter und abgesehen davon das es sich um einen großen V6 handelt, mag der das sowieso nicht. Außer der Verkehr fließt halbwegs und man fährt mind. 20km, dann kann man auch mal durch die City. Einkäufe haben genug Platz, Insassen haben genug Platz (vorallem auch hinten) und die Rückbank kann man geteilt umklappen.
P/L und Unterhalt: Man kriegt für sein Geld sehr viel Auto - deutlich mehr als bei den Europäern. Alles was der Wagen serienmäßig inne hat, darf man sich bei den Deutschen teuer erkaufen. Die Wartungskosten halten sich im Rahmen, sofern man selbst schrauben kann. Wer auf Werkstätten angewiesen ist wird nicht nur bei den Teilen, sondern auch bei der Arbeitszeit hoffnungslos über den Tisch gezogen. Der Motor braucht bis zum Baujahr 2004 besonders viel Pflege und Aufmerksamkeit (Öl- und Filterwechsel) und auch das Getriebe sollte man nicht vernachlässigen. Ansonsten sind für Selbstschrauber die Kosten überschaubar. Ersatzteile kosten nicht die Welt und Reparaturen wie Bremsen ooder ähnlichem sind kein Hexenwerk.
Design und Style: Bei dem Wagen handelt es sich ohne Zweifel auf unseren Straßen um einen Exoten. Der Hintern gefällt mir besonders gut und von der Seite macht er auch gut was her. Lediglich die Front gefällt mir beim Faceliftmodell ab 2004 besser. Nicht selten werde ich in der Nachbarschaft gefragt, was das für ein Fahrzeug ist. Sie kennen zwar den großen Bruder 300C, aber der wirkt schon wieder klobig. Und der kleine Bruder Chrysler Neon schaut in der Gesamtheit aus wie gewollt und nicht gekonnt. Da finde ich den Sebring schon ganz nett.
Wer also ein Auto mit Seltenheitswert sucht, viel für sein Geld haben will und schrauben kann, ist mit dem Wagen bestens bedient.