Erfahrungsbericht Chrysler PT Cruiser 2.4 Turbo (223 PS) von Anonymous, Januar 2016
Ich habe meinen Turbo-Cruiser nun seit 3,5 Jahren. Zu den einzelnen Bewertungspunkten:
Preis-/Leistungsverhältnis (4,5):
Fakt ist: Cruiser sind spottbillig zu haben. Gründe hierfür sind wohl der hierzulande generell eher schlechte Ruf amerikanischer Marken, diverse TÜV-Auffälligkeiten und vor allem wohl sein Äußeres (hate it or love it). Dennoch gibt es wohl kaum ein zweites Auto, welches so viel für´s Geld bietet. Gute Serienausstattung, große Auswahl an unverbastelten, wenig gelaufenen und gut gepfelgten Fahrzeugen zu Preisen ab 1500-2000 EUR. Gute Turbos sind so ab 4000 EUR zu haben.
Design & Styling (4,0):
Es gibt definitiv schönere Autos, vor allem bei den Amis. Aber wer den Retro-Charme liebt, mag auch den PT. Zugegeben, der etwas sportlicher gestylte Turbo mit Heckflügel, 17-Zöllern und (in meinem Falle) dem geilen blau, lässt mein Herz höher springen, als die Einstiegsmodelle mit unlackierten Stoßstangen. Aber dennoch, der PT hat was auf seine Art und ist ein Hingucker. Und die Dachlinie, welche sich nach vorne etwas runter zieht, macht ihn auch irgendwie sportiver als andere Vans.
Verarbeitungsqualität (3,5):
Könnte schlechter sein. Die Materialien sind klar etwas auf Nutzfahrzeug-Niveau, aber robust und sachlich ist ja nicht unbedingt schlecht in einem Alltagsfahrzeug mit Transporter-Anleihen. Die Verarbeitung selbst sehe ich auch nicht so wild. Bei mir knarzt und klappert kaum was (nach über 12 Jahren). Der Wagen verhält sich äußerst ruhig.
Sparsamer Verbrauch (2,0):
Nope. Fehlanzeige. Ich bin kein Heizer, die Maschine ist gut gewartet und läuft top. Aber in den einstelligen Bereich zu kommen ist bei meinem fast unmöglich. Auf der AB mit konstant 120 oder weniger hab ich´s mal geschafft. Im Alltag fahr ich mit 11,0l +/- 0,5l. Allerdings auch selten mit mehr. 12 Liter waren mal das höchste, allerdings habe ich ihn bisher auch selten ausgefahren, vor allem nicht über längere Etappen. Klar ist: 223 PS wollen befüttert werden und Turbos sind eh noch gefräßiger als Sauger. Dennoch könnte er sparsamer sein, vor allem bei gemäßigter Gangart. Das hohe Leergewicht von 1,6 Tonnen und die ungünstige Karosserieform sind das eine, die schon immer nicht gerade als sparsam geltenden Motoren des Chrysler-Konzerns das andere.
Motorisierung (4,5):
Im unteren Bereich bis 3000 Touren (der "Alltagsverkehr"-Bereich) läuft der PT flott und unaufgeregt, aber nicht wie 223 PS/332 Nm. Diesen Dampfhammer schwingt er erst ab 3000 Touren, wenn der Turbo-Punch einsetzt. Dann aber geht es richtig vorwärts. Da selbst der Turbo mit seinem geänderten Fahrwerk nicht gerade Sportwagen-Anleihen hat und der Frontantrieb schnell an Grenzen stößt, ist die Power nur geradeaus zu empfehlen. Kurvenhatzen sollte man unterlassen. Aber bei Ampelstarts oder auch beim raus beschleunigen auf der AB konnte man dank dem wunderbaren Understatement eines Ami-Vans (der auch gerne als Frauenauto zugeordnet wird) schon mehrmals ungläubige und lange Gesichter im Rückspiegel verschwinden sehen. Das ist mit das genialste an diesem Auto :-)
Alltagstauglichkeit (4,5):
Voll gegeben. Die Variabilität mit der geteilt umklabbaren/geteilt herausnehmbaren Rückbank ist hervorragend. In Kombination mit der auf verschiedenen Ebenen einsetzbaren Hutablage und dem flach umlegbaren Beifahrersitz lässt sich auch ein zwar etwas erhöhter aber 2,5m langer ebener Ladeboden schaffen. Der PT ist mit knapp 4,30m Aussenlänge dennoch kompakt genug für die Stadt und bietet bis zu fünf Personen Platz. Einzig der bauartbedingt (kleine Radkästen) große Wendekreis macht sich in engen Straßen und beim rangieren negativ bemerkbar. Das verhindert die Top-Wertung in dieser Kategorie.
Unterhaltskosten (3,5):
Die Steuer geht mit 168,- EUR im Jahr (2,5 Liter, Euro 3) ok. Haftpflicht ist auch nicht schlimm, nur die (Teil-)Kasko ist in meinen Augen zu teuer, weshalb ich diese auch nicht abgeschlossen habe. Da zu den Unterhaltskosten auch Spritkosten zählen, hier nochmal ein Abzug. Wartung mache ich selbst, daher hier keine Wertung. Nur so viel, dass original Mopar-Ersatzteile nahezu kriminell teuer sind! Hier also auf einen US-Teilehändler ausweichen, der Teile von Dritt-Herstellern anbietet.
Nun noch zu "Krankheiten":
Rost ist bei meinem trotz Ganzjahreseinsatz noch im Rahmen. Durchrostungen hatte ich erst einen vor kurzem, da ist der linke Schweller an der Unterseite löchrig gewesen. Wurde aber von einem Karosseriespezi einwandfrei zu einem fairen Preis behoben.
Die großen Probleme hatte ich bisher nur mit der Vorderachse. Zum einen die typischen Querlenkerbuchsen, aber vor allem auch ausgeschlagene Spurstangenköpfe und Traggelenke. Ich glaube Hauptschwachpunkte bei letzteren beiden sind die Gummimanschetten, welche schnell verschleißen und dann Wasser eindringen lassen. Die Kugelköpfe korrodieren, schleifen sich ab und dann knackt und poltert es wunderschön... Die Achse hatten wir in den gut drei Jahren glaub schon vier mal auseinander. Aber sonst gibt es kaum was zu meckern, selbst die Elektrik funktioniert tadellos.
Ein Geheimtipp ist der PT auf jeden Fall, aber man muss ihn eben lieben, oder erst lieben lernen. Ich hatte ihn vor vier Jahren noch gar nicht auf dem Schirm. Aber als ich ein Auto suchte, dass all meine Anforderungen erfüllt, stand er plötzlich da (Ami mit Power, alltagstauglich, europäische Maße, Frontantrieb, Handschalter und dem gewissen Etwas).