Nun habe ich meinen Fuhrpark mal wieder erweitert, doch diesmal um einen weiteren Ami... Nachdem ich mit meiner Chrysler Sebring JR (LX) Limo schon einige 'zig Tausend runter habe, wurde es einfach mal Zeit für den kleinen Bruder - als Zweitwagen!
Gekauft habe ich ihn als Bastler zum Spottpreis mit TÜV, aus dritter Hand und scheckheftgepflegt mit 104'tkm. Die lange Standzeit von einem halben Jahr, hat natürlich seine kleinen Spuren hinterlassen bzw. die ein oder andere Reparatur nötig gemacht. Lediglich Radlager und Bremsen hinten waren fällig und glücklicherweise habe ich an dem Auto nicht ein bisschen Rost, Gammel, Flüssigkeitsverlust oder andere Scherzchen.
Was gibt es zu beachten bei dem Wagen? Auch hier gilt: Der Wagen ist ein Cruiser, kein Racer! Der Wagen ist so ziemlich das Kleinste, was Chrysler anno 2000 zu bieten hatte. Für mein Dafürhalten ist/war der Chrysler Neon in Amerika das, was hierzulande der VW Golf ist/war.
Wie für einen Ami typisch hat man - trotzt ECE Klasse C - dank dem Cab Forward Design doch recht viel Platz im Innenraum, einen für die Klasse relativ großen Kofferraum und der Chrysler Neon hat einiges mehr zu bieten, als die damalige Konkurrenz.
Innenraum: Leider habe ich nur die Ausstattungsvariante "SE" erwischt. Zwar gibt es noch "LE" und "LX", aber die absolute Basisversion tut es auch und konnte damals bspw. einen Ford Focus oder Golf 3 (als Basis) durchaus in die Schranken weisen. Wie bei fast allen Autos in dieser Klasse mit "Nichts" drinnen - viel Plastik wohin das Auge schaut. Die Verarbeitung könnte definitiv etwas besser sein, doch hier schlägt sich der damalige Einführungspreis von ca. $9000 nieder.
Dafür gehören Klimaanlage, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber vorne, elektrisch verstellbare Spiegel, Mittelarmablage etc. selbst bei der SE-Version zum guten Ton. "LE" bietet darüber hinaus Lederlenkrad und Leder-Schaltknauf, dritte Kopfstütze in der Fondmitte, elektrische Höhenverstellung des Fahrersitzes und weitere Spielereien, wie z.B. ZV Fernbedieung an. "LX" packt mit Teil- oder Vollleder, 4 elektrischen Fensterhebern, Nebelscheinwerfern, Wurzelholzapplikationen und Tempomat noch mal eine Schaufel drauf.
Fahrwerk: Das Fahrwerk ist relativ straff, jedoch keineswegs holprig oder schwammig. Kann auch mit vielen Fahrzeugen seiner Klasse mithalten. Der Wagen legt sich gut in die Kurven und bügelt Unebenheiten ordentlich weg. Nur, wie sein großer Bruder, rumpelt er bei Bordsteinkanten oder Kopfsteinpflaster ein wenig beleidigt. Die Lenkung ist wirklich sehr direkt und verrichtet auch nach nunmehr 15 Jahren ihren Dienst präzise und zuverlässig. Die Bremsen packen ordentlich zu und bringen den Wagen pünktlich zu Stehen. Im Gegensatz zu vielen Klassenkameraden, verfügt der Chrysler Neon ringsherum um Scheibenbremsen. Und sollte es mal etwas glatt sein, hilft einem das serienmäßige ASR auf die Sprünge.
Antrieb: Bissiger 2 Liter Motor mit 4 Zylindern und 133 Ponys, handgeschaltet von einem 5-Gang-Sportgetriebe. Der Motor läuft schön ruhig und gibt selbst nach der Laufleistung bisher keinen Grund zur Beanstandung. Er zieht relativ gut ab und trotz der langen Übersetzung, kann sich die Beschleunigung sehen lassen - allerdings hoffte ich auch hier bei der Leistung auf deutlich mehr Sportlichkeit. Der Wagen schafft ohne Probleme seine 200km/h bei ca. 5000 RPM, allerdings empfinde ich das Motorengeräusch ab ca. 3500 bis 4000 RPM durchaus als störend.
Verbrauch: Die von Vorurteilen behaftete Geschichte, dass die Amis soviel schlucken, teile ich weiterhin nicht. Spätestens hier macht sich die lange Übersetzung bezahlt. Mit ca. 140km/h bei 3500 Touren auf der BAB und in der Stadt mit 60km/h bei ca. 1500 RPM und alles fließend, pendelt sich der Verbauch bei 8 Litern ein. Klar ist das sicherlich etwas mehr, als bei einem Golf oder Focus anno 2000, dafür hat der kleine Neon aber auch deutlich mehr unter der Haube, als seine Mitbewerber und zählt mit 1250kg Leergewicht schon zu den etwas schwereren Genossen.
Alltagsnutzen: Im Gegensatz zum großen Bruder, ist der Wagen für Kurzstrecken sehr wohl zu gebrauchen, jedoch gehört der Neon auf der Autobahn auch mal ausgefahren. Und selbst nach Langstrecken und stundenlangem Fahren muss man sich nicht aus dem Auto quälen oder ein neues Päkchen Bandscheiben kaufen. Das Raumangebot ist schon in Ordnung. Nur wenn man sich die Rückbank mit Leuten vollpackt, könnte sich der ein oder andere ab ca. 1,80m mal den Kopf am Himmel anstoßen. Zwar lässt sich auch hier die Rückbank geteilt umklappen, jedoch nicht vollständig. Im Kofferraum erweisen sich beim Belladen die Radkästen gelegentlich als Hindernis.
P/L und Unterhalt: Man kriegt auch hier für sein Geld sehr viel Auto - wieder mal deutlich mehr als bei den Europäern. Der Wagen fährt sich sparsam und die Wartungskosten halten sich im Rahmen, sofern man wieder selbst Schrauben kann.
Design und Style: Auch bei diesem Wagen handelt es sich um einen kleinen Exoten. Er geht in der grauen Tristess auf deutschen Straßen, zwar etwas unter, fällt aber gelegentlich auf. Der Hintern ist zwar etwas hochgezogen, weiß' aber dennoch zu gefallen. Sicherlich habe ich mich damals im Erfahrungsbericht über meinen Chrysler Sebring etwas abfällig über den Neon geäußert und ich bin weiterhin der Meinung, dass der Neon von der Seite ausschaut, wie ein geschrumpfter Sebring, trotzdem macht er schon was her.
Wer also ein Auto mit eigenwilligem Charakter sucht, viel für sein Geld haben will und schrauben kann, ist mit dem Wagen bestens bedient.