Nach einem 91'er Blazer fahre ich jetzt ein Modell der 95'er Baureihe und kann mich zu diesem relativ alten Zeitgenossen überwiegend nur positiv äußern.
Sieht man heute einen älteren Ami, verbindet man das landläufig mit "alt","abgenutzt", "hoher Spritkonsum", "hohe Besteuerung" und dergleichen - was ich persönlich nicht so bestätigen kann.
Das Angebot an Gebrauchten ist doch recht vielfältig und das erste Plus, die Anschaffungskosten, liegen derzeit voll im Keller. Hat man nun die Wahl, ein Fahrzeug aus Erst-oder Zweitbesitz, nicht gewerblicher Nutzung (am besten keine AHK) und nicht verschlissenen Innenraum zu erwerben, stehen die Vorzeichen für einen zukünftig treuen Alltagsgefährten nicht schlecht. Selbst 200.000 Km Fahrleistung und ein bisschen darüber sollten bei vorheriger normaler Nutzung kein Grund zum Zögern sein.
Wichtig beim Erwerb sind im Vorfeld eigentlich nur die obligatorischen Dinge einer Gebrauchtwageninspektion : Der Motor sollte schon trocken sein, vor allem auch nach unten hin ; das Kühlsystem darf keine Ungereimtheiten aufweisen. Der einfachste Blick ist der in den Ausgleichbehälter und/oder in den Kühler selbst. Liegt irgendwo Kühlflüssigkeit rum im Motorraum oder es riecht nach einer Probefahrt nach solcher Flüssigkeit - Hände weg von dem Wagen. In dieser Preisklasse lohnt das nicht sowas in Kauf zu nehmen (evtl. hohe Folgekosten).
Es versteht sich von selbst, dass der Getriebeautomat einwandfrei arbeiten muss, damit meine ich jede Fahrstufe incl. der Zuschaltung von Vorderachse (4H) bzw. Vorderachse + Untersetzung (4L).
Wichtig erscheint mir noch, das Spiel der Lenkung während der Probefahrt einzuschätzen. Ein gefühlsmäßig zu großes Spiel kann aber verschiedene Ursachen haben (Lenkung selbst aber auch Spiel an jeglichen Teilen der Vorderradaufhängung) und muss natürlich bei einem Gebrauchten teilweise mit erkauft werden. Folgekosten sind dann auch nicht unbedingt sooo gewichtig.
Alle anderen Dinge liegen dem Alter entsprechend in der Natur eines Gebrauchten : Die Abgasanlage ist ab dem Kat meistens nicht langlebig, kostet aber auch nicht die Welt bzw. kann man auch selber noch was dran machen.
Reifen in der Original-Konfiguration (235/70x15) sind absoluter Standard und sind teilweise schon unter 65 pro Stk. zu haben. Hier wird man also auch nicht arm.
Ist der Kauf getätigt, steht nur noch der Unterhalt zur Debatte : Ein 95'er Modell ist nach echter Euro 2-Norm abgasgereinigt und 316 an Steuern sind somit beim Finanzamt fällig. Nicht gerade viel - gemessen an dem Hubraum von immerhin 4300ccm und wenn man bedenkt, dass Diesel-Fahrer von so einem Betrag heute nur noch träumen können ...
Die Einstufung bei der Versicherung erfolgt mit TK 23 und schlägt bei einem durchschnittlichen Fahrer (45%) mit +/- 500 im Jahr zu Buche - also ziemlich günstig für die Klasse Auto.
Der Wermutstropfen : In der heutigen Zeit sind 4300 ccm Hubraum nicht so populär und tatsächlich sollte man ein paar Euro mehr für das kostbare Benzin einplanen als das bei einem Fiat Panda der Fall wäre - das ist klar und weis man aber auch vorher.
In der Praxis liegt es tatsächlich am Fuß und Gehör des Fahrers um zwischen moderaten (ca. 11L/100Km) oder höheren Verbrauch (14L/100Km) zu entscheiden. Wer mit dem Blazer erheblich höheren Spritkonsum einfährt, der ist eigentlich immer zu schnell unterwegs (Ausnahme Autobahn) oder fährt permanent mit der zweiten Fahrstufe im Stadtverkehr - für den Blazer ist das kein Problem zumindest ...
Demgegenüber stehen aber auch ein paar Annehmlichkeiten ; obwohl der Chevrolet nach amerikanischen Standards nur ein "Mid-size"-Modell ist, bietet er für deutsche Verhältnisse schon recht viel Platz im Innenraum. Die Rücksitzbank kann sauber und eben versenkt werden um einen Laderaum von knapp 1900mm zu erhalten - nicht schlecht, vor allem, weil dann in der Höhe immer noch mehr Platz zur Verfügung steht als das bei einem reinen Kombi der Fall ist.
Unvergleichlich wie auch typisch ist die erhöhte Aussicht auf die anderen PKW's - schön von oben runter und eine einmalige Soundkulisse im Innenraum, welche eher an eine Fahrt mit dem Bus aus den Vierzigern erinnert, sobald die Wandlerüberbrückung (Overdrive) stattgefunden hat.
Wer es mag und darauf anlegt, kann mit dem Blazer aber auch ziemlich flink unterwegs sein. Der Motor macht nicht nur einen starken Endruck - er beschleunigt den 2t-Wagen aus jeder Situation heraus ausreichend schnell und auffällig durchzugsstark. Die Spitzengeschwindigkeit in der vierten Fahrstufe liegt bei 176Km/h (GPS-Messung), die Beschleunigung aus dem Stand kann sich sehen lassen und hat in jedem Fall Mittelklasse-Niveau.
Die Ausstattung ist eigentlich vollständig. Die Optik des Cockpit's und der Bedienelemente selbst ist eher zeitlos und nichts besonderes, dafür aber absolut klar und verständlich angeordnet ; es gibt keine unnötigen Spielereien.
Beim 95'er Modell sitzt der Getriebe-Wählhebel noch am Lenkrad, was mir persönlich besser gefällt, da sehr viel Platz in der Mitte des Fahrzeuges gespart wird (mehr Platz).
Fazit :
Erwirbt man einen gut behandelten Gebrauchten, kann man an dem Chevy viel Freude haben, vor allem, weil er für meine Begriffe absolut alltagstauglich ist und man ein Fahrzeug mit einer gewissen Autonomie sein Eigen nennen kann, und das alles für derzeit sehr wenig Geld ...
Der Blazer eignet sich gerade in Verbindung mit dem Tempomaten sehr gut für ausgedehnte Autobahnfahrten, wobei man keinesfalls schleichen muss ; es sollten eigentlich wenigstens 130Km/h sein, weil der Motor dort nahe am max. Drehmoment und somit optimal läuft (auch langgezogene Autobahn-Steigungen).
Über Land blubbert man mit 1500-1800 U/min dahin - wenn der Verkehrsfluss denn auch stimmt. In städtischen Bereichen mit vielen Ampeln und hektischen Berufsverkehr fühlt sich der Blazer naturgemäß nicht zu Hause, dank einer jederzeit wählbaren Getriebe-Untersetzung (1:2.7) gehört er aber immer noch zu den echten Geländewagen und kann auch abseits der Straße durchaus ein akzeptables Bild machen. Erfahrung im Off-Road ist hier allerdings mehr wert als nur die bloße Technik ; Wunder kommen da nicht vom Auto alleine ...
Ich kann das Auto gerne und mit gutem Gewissen weiterempfehlen. Selbstverständlich ist der Wagen nichts für Zweifler oder eingefleischte Rapsöl-Fahrer, wohl aber etwas für Individualisten, welche keinen 50.000-SUV unbedingt präsentieren müssen beim Nachbarn.