Seit 3 Jahren haust "The Beast", wie er liebevoll in Übersee genannt wird, in meiner Garage. Und ich geniesse jeden einzelnen Kilometer, den wir zusammen hinter uns bringen. Sicher, es gibt kompromisslosere Sportgeräte, Fahrzeuge mit grösserem Ladevolumen oder einer besseren Umweltbilanz. Doch in Summe stellt der e39 M5 für mich persönlich die gelungenste Synthese aus Alltagsnutzen und Fahrdynamik dar. Er besticht durch seine optische Zurückhaltung, gepaart mit unglaublichen Leistungsreserven im Bedarfsfall.
Modelljahre ab 2000
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Kurz zu den Hauptmerkmalen der Modelle ab 2000: Das wichtigste dürfte wohl eine Änderung am Motor (Stichwort Smallblock) im Vergleich zu den früheren Modellen gewesen sein. Die machte nämlich aus dem Ölsäufer M5 mit einem Ölverbrauch von z.T. über 1 Liter auf 1000 Km einen Geniesser mit moderatem Konsumverhalten. Und ein M5 lässt sich beileibe nicht alles schmecken. Hält man sich an die BMW Vorgaben, muss es schon das gute TWS 10W-60 sein. Zudem soll der M5 mit dieser Änderung am Motor auch öfter die werksseitig angegebenen 400 PS erreichen, was vorher nicht immer der Fall gewesen ist. Weitere Änderungen waren neue Klarglas-Scheinwerfer mit Celis-Standlichtringen (ugs. auch "Angel Eyes" genannt) und runden Blinkern, desweiteren geänderte Alufelgen. Im Innenraum kam das grosse 16:9 Navi samt schnellerem Navi-Rechner, das Autotelefon wurde schnurlos und es änderte sich das Design des Airbag-Lenkrades. 2001 wurde ferner Xenon serienmässig und es folgte ein geändertes Sitzdesign.
Design
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Das Design ist bekanntermassen Geschmackssache. Mir persönlich gefällt es ausgezeichnet. Nirgends trifft die Bezeichnung Wolf im Schafspelz so gut zu wie hier. Von aussen kaum von einem herkömmlichen e39 zu unterscheiden fliesst man so im Strassengeschehen unauffällig mit, ohne allzu viel Neid auf sich zu ziehen. Nur der Insider kann die versteckten Details deuten, die da wären: 4-endige Auspuffanlage, aerodynamische Aussenspiegel, M5-typische Alufelgen mit Breitreifen (245er vorne, 275er hinten), Frontschürze mit grossen Lufteinlässen sowie kleinen M5-Emblemen an der Seite und ggf. hinten am Kofferraumdeckel (bei mir nicht). Dazu die fahrwerksbedingte Tieferlegung um ca. 2 cm.
Preis/Leistung
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Gut erhaltene Exemplare ab BJ 2000 werden in den einschlägigen Autobörsen bereits ab 17.000,- gehandelt. Eigentlich ein Schnäppchen, bedenkt man, dass man dafür den Gegenwert von zwei Fahrzeugen erhält. Zum einen die absolut alltagstaugliche Familienkutsche mit in der Regel sehr umfangreicher (z.T. Sonder-)Ausstattung wie Leder, Navi, Klimaautomatik, X Airbags, Antischleuder-DSC, Telefon, CD-Wechsler, High-End Soundsystem, Regensensor, Lichtautomatik, beheizbare aut. abblendende Aussenspiegel, etc. Und als Argument für die skeptische Ehefrau wären ausserdem die Isofix-Befestigungen für den Nachwuchs oder die teilbare und umklappbare Rückbank für den Grosseinkauf hervorzuheben. Nettes Gimmick ist auch der beleuchtete Schaltknauf des manuellen 6-Gang-Getriebes. Der Verhandlungstaktik am heimischen Küchentisch eher abträglich dürften hingegen die wahren Beweggründe für den Erwerb eines M5 sein, denn unter dem hübschen Blechkleid steckt natürlich mehr als nur ein biederer Familienlaster.
Motorisierung, Fahrwerk, Bremsen
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Um die brachiale Gewalt in Szene zu setzen, genügt es eigentlich schon, über die Klaviatur das DSC aus und SPORT (spontanere Gasannahme und direktere Lenkung) einzuschalten. Sodann den Gasfuss fallenlassen und abwarten. Der Motor brüllt auf und die 275er Pneus auf der angetriebenen Hinterachse verabschieden sich unter lautem Kreischen in einer weissen Rauchwolke binnen kurzer Zeit in ihre Bestandteile. Dies ist zwar eine ganz nette Showeinlage, dem Vortrieb aber eher abträglich. Daher versuchen wirs noch einmal und diesmal mit etwas mehr Gefühl. Leicht schwänzelnd und mit wohl dosiertem Schlupf schiessen die 1795 Kg urgewaltig nach vorne, erreichen die 200Km/h Marke je nach motorischer Fähigkeit des Wagenlenkers bereits nach 16-18 Sekunden und setzen so eine Marke, die auch mit aktuellen Sportwagen keinen Vergleich zu scheuen braucht. Möglich wird dieses physikalische Kunststück durch den 8-Zylinder mit 5 Litern Hubraum und 400 PS. Wohlgemerkt es handelt sich hierbei um einen reinen Saugmotor ohne zwangsbeatmende Massnahmen á la Turbo oder Kompressor. 480 NM stehen bereits ab 2000 U/min zur Verfügung, das Drehmomentmaximum von gewaltigen 500 NM von 3800 U/min bis 5000 U/min. Ausser beim rückwärts einparken hat man eigentlich jederzeit genug Schub, um einen Supertanker ins Hafenbecken zu ziehen. Die Verzögerung mit der Serienbremsanlage ist für den Alltagsbetrieb ausreichend, bei häufigen Bremsungen aus hoher Geschwindigkeit, insbesondere wenn die V/max Begrenzung bei echten 259 Km/h aufgehoben ist und eine theoretische V/max von echten 296 Km/h zulässt, sind allerdings einige Modifikationen empfehlenswert, siehe Tips+Tricks weiter unten. Das Fahrverhalten ist dank des hervorragenden Sportfahrwerks, gepaart mit den breiten Reifen als ausgezeichnet und neutral zu betrachten. Kurven werden geradezu glattgebügelt. Und ohne das sehr gut arbeitende DSC ist der M5 trotz seines Gewichts leicht in einen kontrollierten Drift zu bekommen.
Nach all dem Lob nun zu den unangenehmeren Seiten des M5...
Unterhaltskosten und Verbrauch
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Wer sich schon eifrig die Hände reibt ob des vermeintlich günstigen Anschaffungspreises, dem sei gesagt, dass die laufenden und fixen Kosten nicht zu unterschätzen sind. Die Steuer nimmt sich dank Euro 3 mit lediglich 340,- p.a. geradezu bescheiden aus. Versicherung kann man leicht online berechnen, dürfte aber mit VK bei 100% etwa 1500 bis 2000,- betragen. Geht man von einer monatlichen Fahrleistung von 2000 Km aus, betragen die Benzinkosten (Super Plus versteht sich!) je nach Fahrweise zwischen 400 und 500,-. Eine typische Inspektion bei BMW beläuft sich je nach Verschleiss auf 1000 bis 2000,- inkl. Zündkerzen, div. Filter, Öl, etc. Bremsen komplett schlagen mit 2000,- zu Buche, Reifen rundherum etwa 800,- . Bremsen und Reifen sind bei gemässigter Fahrweise (kein Rennbetrieb) alle 2 Jahre fällig. Zuzüglich diverser Kleinigkeiten kann man also realistisch mit Kosten von durchschnittlich 800 bis 1000,- pro Monat rechnen, Wertverlust und etwaige Kaltverformungen nicht mit eingerechnet. Vom edlen Saft genehmigt sich mein M5 im Mittel 14-15 Liter. Das ist akzeptabel ob der dargebotenen Leistung, ein 60 PS Polo liegt ja auch bei 8 Litern, so what... Gut, im Rennbetrieb oder bei längeren Vollgasfahrten kommt man schon auch problemlos an die 18-20 Liter, aber für die Rennstrecke gibt es eh bessere, da leichtere, Alternativen. Im Stadtbetrieb komme ich nicht auf die von BMW angegebenen 21 Liter, sondern liege mit 16-17 Litern weit darunter. Ich fahre wenn möglich in hohen Gängen, was bei 500 NM auch gar kein Problem ist. Im Vergleich zu meinem vorherigen BMW 540i kann ich sagen, dass sich der Verbrauch nicht erheblich gesteigert hat, so viel Leistung gibts eben nicht zum Nulltarif. Dafür sind die sonstigen Unterhaltskosten leider um Einiges höher.
Alltagstauglichkeit
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Das Auto ist absolut alltagstauglich - es gibt sogar das Winterpaket mit Winterreifen und Skisack - dennoch habe ich in dieser Disziplin nur 4 Sterne vergeben. Das liegt zum einen daran, dass ich mir bei diesem Prachstück ständig überlegen muss, wo ich parke, um mir nur ja keine Delle oder Kratzer von unaufmerksamen Parkplatz-Rowdys einzufangen und zum anderen, weil es für die kalte Jahreszeit weissgott bessere Alternativen gibt, als ausgerechnet mit einem 500NM starken Hecktriebler auf 235er Winterreifen durch den Schnee zu rutschen - DSC hin oder her - und die Alufelgen der korrosiven Salzsuppe auf Deutschlands Autobahnen auszusetzen. Daher und um fürs Frühjahr etwas zu haben, worauf ich mich jedesmal freue wie ein Kind, hat mein Fahrzeug Saisonkennzeichen und wird von November bis März gut konserviert eingemottet.
Tips+Tricks
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Zu guter Letzt ein paar persönliche Erfahrungen und Hinweise. Wenn Privatkauf, dann nur mit lückenlosem Scheckheft. Ansonsten lieber vom Händler mit Garantie, das hat sich bei mir bereits ausgezahlt.
Ein wichtiger Punkt ist das Warmfahren: Niemals den Motor über 3000 U/min drehen, solange die Öltemperatur nicht zumindest den 75 Grad Punkt gesehen hat (das trifft im übrigen auch auf sämtliche anderen Fahrzeuge zu, nur haben diese leider häufig kein Ölthermometer)...
Typische Schwachstelle der M-Modelle ist die Vanos-Einheit. Diese wird im Laufe des M5-Lebens mit grosser Wahrscheinlichkeit kommen und schlägt mit ca. 2000-2500,- zu Buche. Sofern noch nicht getauscht am besten gleich mit einkalkulieren. Eine e39-typische Schwachstelle ist ferner der Pixelfehler im Instrumentenkombi, wobei sich der finanzielle Aufwand in Grenzen hält. Schlimmer ist, dass das Fahrzeug dafür 2 Tage ohne Kombi beim Händler stehen bleiben muss. Ebenfalls häufig beim e39 anzutreffen sind Roststellen unterhalb des Tankdeckels sowie an den Tür- und Motorhaubenfalzen. Also Augen auf vor dem Kauf!
Das gute Öl gibts im Internet für 1/3 des Preises, den BMW dafür aufruft. Daher lieber online ordern und selbst mitbringen. Stichwort Bremsen: Um richtig standfeste Bremsen zu erhalten, sollten die Beläge getauscht werden gegen entsprechend höherwertige aus dem Zubehör. Sollte dies immer noch nicht ausreichen, können zusätzlich die Luftkanäle vom e39 540i sowie Stahlflexleitungen verbaut werden. Die Bremsscheiben selbst sind ausreichend dimensioniert. Eine Mehrkolbenbremsanlage bringt trotz erheblicher Kosten keine nennenswert besseren Bremsergebnisse.
So das wars, ist ne Menge Holz geworden, aber über den legendären M5 kann man ja auch wirklich viel erzählen. Hoffe, der ein oder andere konnte wertvolle Tipps für oder gegen einen Kauf finden.
Ciao MikeM5