Nach fast 14 Jahren BMW E39 (zwei eigene als Kombi, erst den 530dA touring, dann den 540iA touring, auch immer mal wieder als Limousine gefahren) habe ich mich wegen des Allradantriebs, den es beim E39 ja leider nicht gibt, wieder zu Mercedes umorientiert.
Das waren also zuletzt zwei BMWs, es ist der zehnte Mercedes. Unter > Mercedes > E430 4Matic, Baureihe W 210, liegt ein Erfahrungsbericht ab, den ich, nachdem ich im Plenum als BMW-Experte geführt werde, auch hier unter BMW ein wenig als Entscheidungshilfe gekürzt wiedergeben möchte.
Mehr als eine Million Kilometer entweder mit Sternen oder Propellern im Logo ... da lernt man(n) beide Konzepte gut kennen.
Der E39 / 540iA bietet 440 Newtonmeter Drehmoment, das sind 10% oder 40 Newtonmeter mehr als beim Mercedes, der mit gut 100 ccm weniger HUbraum auskommen muss (4,3 statt 4,4 Liter).
Beide verfügen über Fünfstufen-Automatik. Der schwerere BMW schiebt die Fuhre merklich besser, wenn man es eilig hat, ist wohl dem breiten und besseren Drehmoment zu verdanken.
Vor- und Nachteile in Stichworten:
"Krankheiten": Der BMW liebt es, wenn die Vorderachse nach und nach in allen Teilen gegen eine neue ausgewechselt wird. Dann bleibt er ein "Sportler". Wenn man daran spart, gibt's trotzdem eine TÜV-Plakette, aber der Spaß, mit dem sich das schwere Auto in den Kurven auf der Straße festsaugt, bleibt aus. Das ist dann schade, denn es ist die Königsdisziplin des E39.
Der Mercedes will und kann das mit den Kurven von Haus aus nicht so, aber er ist gutmütig. Doch die Überschrift war ja "Krankheiten", und das ist beim Mercedes in ein kurzes, unspektakuläres Wort gefasst: Rost. Dies ist bekannt, also (wenn man dann einen findet) - unbedingt auf Rost achten, eigentlich überall außer am Rückspiegel und an den Kopfstützen ... ist nicht wirklich Spaß ... an den Blech-Schnittkanten ist er am häufigsten, aber es lohnt auch ein Blick von unten, wenn das Auto auf der Hebebühne thront.
Motoren: Die sieben PS Unterschied merkt wohl kein Mensch, aber die Geräuschentwicklung. Der BMW knurrt und faucht ein wenig, wenn er drehen soll, und beim Warmfahrem hört das geneigte Ohr den V8 vernehmlich brummeln. Der Mercedes dreht williger, hängt besser am Gas und verrät seine Kraft nie wirklich am Klang, er läuft einfach seidiger. Wenn man einen Sechzylinder sucht, ist es in diesem Forum vielleicht überflüssig, den BMW auf das Podest zu heben? Ich wollte es nicht unterschlagen - die mittleren Motorisierungen gehen fraglos an den Motorenbauer aus Bayern, sie sind legendär. Bei den beiden fast gleich starken V8 ist es Geschmackssache. Mir persönlich ist der noch bescheidener klingende Mercedes-Motor lieber.
Getriebe: Der BMW lässt sich bei Bedarf schön von Hand schalten, eine Steptronic eben. Der Mercedes reagiert auf das Gaspedal feiner - oder nervöser, je nach dem, wie man es betrachtet. Er wird über das Gaspedal allein gesteuert, das kann er auch besser. Um die letzten Kraftreserven mit Hilfe des Wählhebels zu nutzen, ist das BMW-Konzept dann gelungener. Ich persönlich finde die Lösung bei BMW "handlicher", aber auch das ist wohl Geschmackssache.
Ergonomie: Der Punkt geht klar an den E39. Der Mercedes wirkt, obgleich die Baureihen E39 / W 210 nebeneinander produziert wurden, daneben fast wie ein historisches technisches Museum.
Platz: Wie üblich geht der Stern an die Marke, auf der er thront. Man kann nur im Mercedes hinten gut sitzen, vorn in beiden Autos sowieso toll. Damit ist der Platz gemeint, die Formung der Sitze hinten (echte Geschmackssache wohl) finde ich im engernen BMW eine Spur gelungener.
Durst: Es ist nicht ganz fair, einen Allradler mit einem Hecktriebler zu vergleichen. Aber da jeder "einen Punkt" bekommt, mache ich das jetzt. Der Mercedes kann auf Stadt-Kurzstrecken punkten, er bleibt immer klar diesseits der magischen 20-Liter-Marke. Da ist der BMW durstiger. Dafür kann der BMW auf Schleichfahrt punkten, wenn er auf ruhiger Landstaßenfahrt oder bei gemütlichsten Autobahntouren kaum acht Liter verspeist Der Benz mag wenigstens fast zehn, er dreht auch höher bei vergleichbaren Geschwindigkeiten in der höchsten Übersetzung. Auch wenn man ihn fast nie drehen hört und daher auf den Drehzahlmesser schauen muss :-)
Ein Grund, dass man den Motor des Benz kaum hört, ist das lautere Fahrgeräusch, besonders wenn das Schiebedach auf oder angehoben ist. Das fast lautlose Crusien kann der BMW besser.
Wenn man dabei Musik hört, verwöhnt der Mercedes schon mit Standard-Lautsprechern das Ohr aufs Angenehmste. Standardlautsprecher beim BMW sind toll, um Verkehrsfunk zu hören ... aber sie sind nicht schön für Musikgenuss. Das war und bleibt wohl immer so, jedenfalls ist es seit 20 + x Jahren nie anders gewesen.
Es sind beides Autos an der Grenze zu "perfekt". Auf guten Sitzen (die man bei BMW stets extra bezahlen muss, dagegen beim Mercedes nur, wenn man in Sachen Sitzkomfort mehr als verwöhnt ist) gleitet man in beiden Autos prima dahin. Beide protzen nicht damit, dass sie einmal 70.000 Euro gekostet haben, es gibt keinen dicken Auspuff und keinen Hinweis auf die Preisdifferenz zu den Basismodellen, die ja für weniger als die Hälfte zu kaufen waren.
Mein Herz für ein recht handliches fast-zwei-Tonnen-Auto, in dem man am liebsten wohnen möchte, wird nach fast vierzehn Jahren immer für den rostfreien und ergonomisch perfekten BMW schlagen.
Aber im Winter ... Heckantrieb ... und dann das (den wohl nicht 52 Jahre alten, sondern meist wesentlich jüngeren Lesern fremde) willkommen-zu-Hause-Gefühl im Mercedes, das ich erfahren musste, weil es für mich als Schrauber und Vielfahrer Anfang der 1980er noch keinen BMW als seriöse Alternative zu Mercedes gab ...
dieses Gefühl ist beim Einsteigen in einen Mercedes irgendwie aufs Angenehmste kleben geblieben.
Kann sein, dass das nächste oder übernächste Auto wieder ein BMW wird ... die haben seit Mitte / Ende der 1980er Jahre bis heute fast alles richtig gemacht. Mit einem mühevoll ausgesuchten und daher "ziemlich rostfreien" Mercedes ziehe ich jetzt weitere Runden. Endlich wieder Allrad - es war das einzige Motiv für den Lagerwechsel. Das ist fast eine Mischung aus schlechtem Gewissen, als wenn man(n) fremd gehen würde, gleichzeitig aber auch ein wieder-zurück-Gefühl. Wie das? Bis in die 1980er Jahre gab es halt kein bezahlbares Auto von Qualität jenseits von Mercedes ... das fällt wohl hier eher unter Geschichtsunterricht als unter Neuzeit. Wenn man heute an der Tankstelle einen glänzenden BMW E39 neben einem gleich alten, aber durchgerosteten Mercedes W 210 stehen sieht, während beide Autos ja "nur" elf oder zwölf Jahre alt sind, mag man kaum glauben, dass es einmal anders war. Bis auf den Rost sind beide Autos technisch hervorragend.
Gut gepflegte Motoren halten bei beiden ewig +etwas länger, wenn man denn für den Antrieb von fast zwei Tonnen Auto die jeweils seltenen, aber doch dem Gewicht angemessenen Achtzylinder wählt - und damit stets wie ein normaler Mensch fährt, nicht wie ein Rennfaher und auch möglichst ohne viele Stadt-Kurzstrecken.
Wer Angst vor dem Benzinverbrauch, der Steuereinstufung oder der Versicherung hat ... alles Blödsinn! Die Grundkosten halten sich bei beiden Autos in Grenzen, und ein Achtzylindermotor ist in Wahrheit ein "ganzer" Motor. Er erzeugt, konstruktiv bedingt, "Laufruhe - in- sich", ohne zusäzliche Krücken wie Ausgleichswellen oder Dämmmatten, wie sie bei kleineren Motoren unabdingbar sind. Kann man bei Wiki lesen, kann man nach dem Drehen des Zündschlüssels auch hören und spüren. Ausnahme: Die Reihen-Sechzylinder von BMW schaffen das auf ihre Weise auch - keiner sonst in dieser Liga. Und wenn es denn mehr als sechs Töpfe sein sollen, schaffen es die acht von Mercedes schon immer etwas perfekter und mit seidigerem Lauf als die tollen Kraftpakete von BMW. Da ist das Bessere des Guten Feind.
Alle Vierzylinder sind -so betrachtet- wirklich "halbe Motoren". Entsprechend klingen sie auch, und so "viel" Kraft geben sie ab ... nur der Durst ist oft fast auf Augenhöhe mit acht Töpfen:
Saß´ ich neulichst beim Friseur, der Herr neben mir klagte über seinen sonst schönen VW Eos, dass er "ihn nie unter zehn Litern bekomme", egal, wie er fährt und was er versuche.
Klar, dachte ich, ein mittelgroßes Cabrio mit Klappdach - das wiegt. Darin kann man einen klackerigen TDI-Vierzylinder-Motor verbauen, sonst den noch nie zuverlässig funktioniert habenden VW-3,2-V6-Benzinmotor oder halt einen normalen Vierzylinder-Benziner. Für einen "ganzen Motor" ist jendenfalls kein Platz.
Also fährt der Nachbar auf dem Stuhl neben mir mit zwei (?) Hubraumlitern mit vielleicht 140 PS und ärgert sich immer wieder beim Tanken.
Da hatte ich es im Nebenstuhl beim Friseur entspannter. Der wohl 500 Kilo schwerere und zehn Jahre zuvor konstruierte 540i, der E39, fährt, wenn man es drauf anlegt, auch nie mit zehn Litern. Denn die frisst er nicht, wenn man ihn streichelt und wenig Kurzstrecke fährt - dann reichen immer neun. Und dabei ist stets eine tolle Kraftreserve vorhanden.
Also keine Angst vor gut gepflegten großen Motoren, auf jeden Fall nicht bei BMW oder Mercedes. Sie passen toll zu den recht schweren Langstreckenautos, sowohl im E39 als auch im W 210.