Während einer meiner vielen Werkstattaufenthalte mit dem zuletzt gefahrenen 520d wurde mir als Ersatzfahrzeug ein 316d als "Kassenmodell" zur Verfügung gestellt. Also weitgehend in Basisausstattung ohne nennenswerte Extras.
Insgesamt habe ich mit dem Wagen in 10 Tagen ca. 3.500km zurückgelegt und dabei gemischte Erfahrungen gemacht: Lenkung und Fahrverhalten machen auch mit der kleinsten Diesel- Motorisierung und in Verbindung mit schmächtigen 16" Rädern einen erwachsenen Eindruck. Kanckig, präzise und keinesfalls untermotorisiert ist man mit dem 316d auch auf Langstrecken gut unterwegs. Obwohl der 3er natürlich keine Sänfte ist. Aber das erwartet man auch nicht, insofern alles ok. Frühere BMW Handschalter waren aber eindeutig weniger knorpelig zu schalten. Günstig hingegen der Verbrauch. Wer mehr als 6 Liter verbrauchen will, muss schon fast mit Bleifuß unterwegs sein. Dann allerdings rennt "der Kleine" auch ohne Rückenwind locker Tacho 210. Die Bedienung des Wagens gelingt absolut problemlos - allerdings gibt´s auch nicht viel, was zu bedienen wäre, Stichwort Basisausstattung Soweit die positiven Eindrücke. Der "Rest" des Fahrzeuges ist jedoch eine einzige Enttäuschung!
Das beginnt mit den Seriensitzen, die bereits beim ersten Anschauen mit billigen Bezügen und dünner Polsterung eher an Campingstühle erinnern und diesen Eindruck untermauern, sobald man Platz genommen hat. Konturlose Sitzfläche, keinerlei Seitenhalt, fehlende Neigungsverstellung und schon gar keine Lendenwirbelstütze. Schlichtweg indiskutabel angesichts der Fahrzeugklasse.
Ebenso enttäuschend das serienmäßige CD-Radio: Die Empfangsqualität passt aber vier mickrige und hoffnungslos überforderte Lautsprecher schaffen es nicht, einen halbwegs angenehmen Klang zu produzieren. Bässe werden quasi gar nicht wiedergegeben und man reduziert den Radiiogenuss auf die Nachrichten. CD´s braucht man bei der Serienanlage erst gar nicht mit ins Auto nehmen...
Was dem Ganzen aber die Krone aufsetzt, ist die Materialgüte und Verarbeitung im Innenraum. Hartes, schlecht entgratetes und unsauber eingepasstes Plastik wohin das Auge blickt. Hier hört und fühlt sich alles unterhalb der quer verlaufenden, silbrig lackierten Plastikblende hohl und billigst an. Einschließlich der Türtafeln und des freistehenden Displays. Das sieht zwar nett aus, wirkt aber äußerst fragil und knarzt bei der zartesten Berührung munter vor sich hin.
Über die Langzeitqualität der Materialien im Innenraum möchte ich mir kein Urteil erlauben. Aber ich kann mir in etwa vorstellen, welches Knister- und Klapperkonzert man sich anhören muss, wenn man seinen 3er auf harte 18 oder gar 19" Runflat Bereifung stellt und diese den Innenraum in Zusammenarbeit mit der straffen Federung über 1-2 Jahre weichgeklopft haben. Auch eine Form der Unterhaltung - siehe Kapitel Radio.
Nachtfahrten sind mit den Serien-Scheinwerfern ebenfalls kein Vergnügen. Fleckige Ausleuchtung, kaum Reichweite, nur ein heller Klecks direkt vor dem Fahrzeug... Xenon ist daher ein absolutes Muss.
In jedem Fall wird auch beim 3er klar, warum BMW der Presse für Vergleichstests immer voll ausgestattete Fahrzeuge liefert. Mir ist jedenfalls lange kein Artikel mehr in den einschlägigen Publikationen begegnet, bei dem ein BMW mit Seriensitzen und karger Basisausstattung angetreten wäre.
Keine Frage: Wer seinen 3er mit Optionssitzen, HiFi-System, Holz oder Alu und Leder aufwertet, kann sich einen ansehnlichen Innenraum zaubern - kommt dann aber selbst für den Basisdiesel kaum unter € 36.000 weg und muss trotzdem mit einer Mittelkonsole und Türtafeln aus Hartplastik leben. Addieren sich dann noch Xenon und Automatik dazu, nähert man sich auch ganz schnell Bereichen, die mit "Mittelklasse" nichts mehr zu tun haben.
Wer es bei der Serienausstattung belassen möchte oder das aus finanziellen Gründen muss, sollte sich definitiv woanders umsehen. Denn das, was BMW hier auf die Räder stellt, hat mit Premium nicht einmal in Ansätzen etwas zu tun. Das ist schlichtweg eine unschöne Art der Renditeoptimierung und ich frage mich ernsthaft, wie es BMW dennoch gelingt, die Fahrzeuge in dieser Form unter die Leute zu bringen.