Jede Menge RS4 und S5, ein halbes Dutzend neue RS6 Avant und mindestens fünf R8 sind mir in den letzten zwei Stunden entgegen gekommen oder haben mich überholt. So macht dass keinen Spaß. Also mal ehrlich: Da sitzt man im 272 PS starken TTS, donnert wie besengt durch die bayerische Tiefebene rund um Ingolstadt und trotzdem wird das Gefühl der "King of the Road" zu sein alle paar Minuten mit Füßen getreten. Frustrierend. Da hilft nur eins: Scheuklappen aufsetzten und den Rest der Welt ausblenden. Vielleicht ohnehin besser. Immerhin darf ich Audis neues TT-Schlachtschiff über die Straßen drücken, muss mich weder um Bremsverschleiß, noch um Spritverbrauch oder neue Reifen kümmern. Nach 5,2 Sekunden lässt der Wagen die 100 hinter sich (mit S-Tronic), bei 250 wird dichtgemacht. Wenn doch nur das prall gefüllte Punktekonto nicht wäre ...
Schon beim Entern des mindestens 47.050 Euro teuren TTS (mit S-Tronic) wird klar: Hier steig ich nicht mehr aus. Das unten abgeflachte Lenkrad hat mir schon immer gefallen, es liegt gut in der Hand uns lässt eben doch so etwas wie R8-Feeling aufkommen. Und erst diese Sportsitze ... Für einen satten Aufpreis von 2550 Euro packt Audi ein nahezu perfektes Leder-Alcantare-Gestühl ins TT-Cockpit, verleiht diesem Arbeitsplatz damit noch mehr Ausdruck. Ok, ok, die serienmäßig verbauten Sitze sind auch brauchbar (Leder/Alcatara), aber wenn ich die Wahl habe, entscheide ich mich für das Zubehörangebot. Weiter! Die Instrumente des TTS sind grau hinterlegt, unterscheiden sich damit von den zahmeren Brüdern. Ihre Zeiger flitzen beim Anlassen einmal von links nach rechts, orientieren den starken TT damit noch ein wenig mehr am großen Bruder R8.
Schön, schön, doch was mich interessiert sind die 272 Pferdchen, die die Audi-Mannen durch bis zu 1,2 Bar Druck (vergrößertes Turbinenrad) aus dem Zweiliter-Vierzylinder rauskitzeln. Was stellt der 1415 Kg schwere TTS (Alu-Space-Frame sei Dank) mit dieser Power an und wie gut harmoniert das Sechsgang-DSG (plus 2150 Euro) mit dem aufgeladenen Motor? Eins vorweg: Ich würd die Karre vom Fleck weg kaufen!
Zack den Zündschlüssel gedreht und der Motor erwacht zum Leben. Schon im Stand röchelt die Abgasanlage einen süßen Blues, der auf mehr hoffen lässt. Das "D" der DSG-Kulisse lasse ich links liegen, der schicke Wahlhebel wandert natürlich auf Position "S" - hier dreht der Motor höher, erfolgen die Schaltvorgänge noch schneller. Außerdem drücke ich den Button der elektronischen Dämpferregelung "Audi magnetic ride", der das Fahrwerk noch einen Zacken härter abstimmt. Zusammen mit der 10-mm-Tieferlegung ergibt sich so ein "echt hartes" Fahren, das den Einsatz eines zusätzlichen Sportfahrwerks überflüssig machen dürfte. Gleicher Verzicht gilt für die vierflutige Abgasanlage. Dessen kehliger Auspuff-Sound, steckt irgendwo zwischen "nur" sportlich und zu prollig. Beim Hochdrehen bis in den Begrenzer (6800 U/m) dreht sich selbst die R8-gewöhntet Ingolstädter-Bevölkerung um und wer mit den Schaltpaddels hinter derm Lenkrad das Runterschalten selbst in die Hand nimmt, der beglückt sich und seine Umwelt mit herzallerliebstem Zwischengas-Aufbellen.
Natürlich sind die Eingriffe über die Paddels niemals nötig, dienen aus meiner Sicht dem reinen Spaß am Schalten. Zu perfekt schaltet das DSG, selbst im "S"-Modus sind die Schaltvorgänge kaum auszumachen, und von den kurzen Schaltzeiten müssen wir nicht reden. Selbst ich als steter Verfechter der Handschaltung muss mich der Kombination aus DSG und Schaltpaddels geschlagen geben. Ergänzt wird dieses Gespann durch den gierig hochdrehenden TFSI, der sich jegliches Turboloch, jede Gedenksekunde verkneift. Wie von Sinnen baller ich mit dem TTS die Landstraßen rauf und runter, bremse runter auf 20, nur um dann wieder bis zur Schmerzgrenze hoch zu Beschleunigen. Untermalt werden die Gangwechsel durch ein sattes "Plopp", dass den Paddels hinter dem Lenkrad noch mehr Bedeutung zuschanzt.
Wie es sich für Landstraßen gehört, verzweigen sich diese und führen teilweise durch schwer angesagte Kreisel. In letzteren lässt sich der quattro-Antrieb aufs Trefflichste an seine Grenze treiben. Solange keine anderen Verkehrsteilnehmer in "meinen" Kreisel kommen, bleibe ich im zweiten Gang und drehe immer schnelle meine Runden. Es ist fast beängstigend, wie schnell sich das Frontmotor-Coupé trotz der Gewichtsverteilung mit 58 zu 42 kreiseln lässt. Erst sehr spät schiebt der Wagen dezent über die Vorderräder. Wer das zweistufige ESP bemüht, soll laut Audi sogar Drifts mit dem TTS schaffen. Aus Rücksicht auf unsere süddeutschen Mitmenschen teste ich das aber lieber nicht. Kommen wir zu den Verzweigungen: Dank des Allradantriebs und des relativ geringen Gewichts kann man im TTS extrem früh wieder herausbeschleunigen. Wie gezogen schießt die Karren aus der Kurve, hat schon kurz nach dem Richtungswechsel wieder Landstraßentempo drauf. Und wieder lauert die Kavallerie mit seinen Laserpistolen...
Ich verabschiede mich von der Landstraße und möchte auf der A9 die weitere Talente des TTS testen. Beim verlasen des Beschleunigungstreifens bin ich bei 180, als ich alle drei Spuren gewechselt habe, liegen 220 an. Die 250 erreicht der Audi zwar nicht spielerisch, das er abgeregelt wird, glaub ich trotzdem sofort. Trotz des kernigen Sounds wird's im Cockpit nicht nervig laut, trotz der rahmenlosen Fenster kann man sich bei 250 noch unterhalten (nur eben nicht flüsternd). Zum Beispiel über Verkehrsteilnehmer vor uns, die beim Anblick des TTS im Rückspiegel schnell die Spur räumen. Bi-Xenon und die Zwölf-LED-Tagfahrleuchten machen einen guten Job. Ebenso wie die modifizierte TTS-Karossen-Front, die durch vergrößerte Lufteinlässe und einen matten Grill die schwächeren Brüder klar degradiert.
Hinter einem störrischen Golf TDI festhängend zappe ich durch den Bordcomputers und stutze: 13 Liter Durchschnittsverbrauch zeigt mir die Anzeige. Ups! Das ist aber weit entfernt von den 7,9 Litern, die ich im Pressetext lesen durfte. Hm, muss wohl am beherzten Bleifuß liegen. Schwamm drüber, der TDI ist weg und ich gleich wieder bei 230.
Kommen wir zu den Konkurrenten den stärksten TT seit Markteinführung. Bei den deutschen Premium-Herstellern (zu denen sicher auch Audi zu zählen ist) treten das BMW Z4 Coupé 3.0si (265 PS, 6,0 sek/100, 44.750 Euro) und der Porsche Cayman S (295 PS, 6,1 sek/100, 62.945 Euro) gegen den Ingolstädter an. Beide können nur mit Heckantrieb aufwarten, sind deutlich langsamer im Sprint, der Porsche überdies deutlich teurer. Wirft der TTS jetzt noch das fabelhafte DSG-Getriebe in die Waagschale müsste die Wahl aus meiner Sicht klar auf den Audi fallen.
Erweitern wir die Auswahl der in Frage kommenden Alternativ-Coupés, muss sich der Audi auch gegen den 313 PS starken Nissan 350Z (5,7 sek/100, 38.190 Euro), den Opel GT (264 PS, 5,7 sek/100, 32.180 Euro) und den Alfa Brera 3.2 V6 Q4 (260 PS, 6,8 sek/100, 39,950 Euro) behaupten. Alle drei degradiert der Herausforderer in der Beschleunigung klar, in Sachen Allradantrieb kann nur den Alfa mithalten. Beim Preis stielt der Opel allen anderen die Show, hat dafür kein festes Dach.
Resümee: Mit dem TTS ist Audi ein echter Leckerbissen gelungen. Voll Alltagstauglich, trotzdem irre sportlich und in Kombination mit dem wundervollen DSG-Getriebe und den Schaltpaddels ein wahrer Spielplatz für große Jungs. Das Fahrwerk macht einen späteren Eingriff fast überflüssig und der Auspuffsound greift sogar das traumhafte Porsche-Fauchen an. Bei allen zu Wahl stehenden Konkurrenten würde ich mich am ehesten für den 350Z entscheiden. Er ist von der Charakteristik weit vom Audi entfernt, steht für alte Tugenden kann dem Ingolstädter aber nie das Wasser reichen.
Ausgeliefert wird der TTS serienmäßig unter anderem mit Bi-Xenon, Leder/Alcantare-Sportsitzen, 340mm-Bremsscheiben vorn, 310ern hinten, 18"-Alus, Edelstahl-Pedalerie, jeder Menge TTS-Schriftügen, einer vierflutigen Abgasanlage, Nebelscheinwerfern, Tempomat, CD-Radio und Klimaautomatik.