Der Audi TT Roadster war zu dem Zeitpunkt, da ich mich entschied, künftig Cabrio zu fahren, tatsächlich die "Vernunftwahl" (soweit man im Zusammenhang mit zweisitzigen Sportwagen und angesichts der Tatsache, dass 1,6 Tonnen Stahl und Kunststoff mit 180 PS nur dazu dienen sollen, 90 kg Mensch von A nach B zu befördern, von Vernunft sprechen kann). Alle anderen Roadster derselben Leistungsklasse erschienen mir entweder überteuert (Porsche Boxster), zu wenig sportlich (Mercedes SLK), zu puristisch (Honda S 2000) oder zu wenig alltagstauglich (Nissan 350Z).
Motor + Fahrleistungen
Der aufgeladene 1.8-Liter 5-Ventiler von Audi bzw. von VW könnte ein ordentlicher Motor sein wenn alle Komponenten so haltbar wären wie der Motor selbst. Leider sind sie es nicht, zumindest nicht bis zum Baujahr 2000. Defekte Luftmassenmesser und schnell verschleißende Zahnriemen gehören bei VW ja zur liebevoll gepflegten Tradition, aber Turbolader-Probleme gehen überdies richtig ins Geld! Sicher, es wird aus einem kleinen Motor (1,8 Liter) relativ viel Leistung (180 PS) geholt ... das rechtfertigt allerdings noch lange nicht, dass der Wagen alle paar Monate mit einem Motorschaden in die Werkstatt gebracht werden muss. Okay, vielleicht habe ich ein Montagsauto erwischt. Pfeifende (weil undichte) Turbolader, schnatternde Schubumluftventile und unruhig laufende Motoren haben indes laut Internet-Forum sehr vielen TT-Piloten die Freude am Fahren vergällt. Mein Turbolader musste bislang zweimal getauscht werden, und ich finde, da hört der Spaß auf. Empfehlung für alle künftigen TT-Fahrer: Auf jegliches Chip-Tuning verzichten, lange Vollgasfahrten meiden und nach wilden Autobahnhatzen nicht sofort den Motor abstellen, da dies aufgrund der abrupten Abkühlung zu Spannungsrissen im Grauguss-Block des Turboladers führen kann.
Was die Fahrleistungen angeht, gibt es beim 180-PS-Fronttriebler keinen Grund zur Klage: Der Wagen ist schnell, und viel mehr als 225 km/h läuft der 225-PS-Quattro-TT auch nicht. Dass der Sprint von 0100 mit 8 Sekunden nicht ganz so eindrucksvoll daherkommt, liegt daran, dass der zweite Gang im 1.8T nur bis knapp über 90 km/reicht und dass daher kurz vor der 100-km/h-Marke noch einmal geschaltet werden muss. Trotzdem ist man an der Ampel keiner von den Langsamen!
Fahrverhalten
Der TT fährt wie ein Gokart zackig, direkt einlenkend und mit starkem Anzug. Die Bremsen verzögern wurfankermäßig. Als Fronttriebler schiebt der 1.8er zwar in engen Kurven etwas über die Vorderräder, aber Traktionsprobleme sind kein Thema. Das Fahrwerk ist allerdings knüppelhart; hier muss man hart im Nehmen sein. Von Tieferlegungsmaßnahmen ist insofern dringend abzuraten die Roadster-Karosserie ist zwar recht steif (u. a. wegen der Domstrebe im Motorraum), wird aber schon auf den Werksfedern ordentlich durchgerüttelt. (Knack- und Knarzgeräusche, wie sie in einem Cabrio ohnehin unvermeidbar sind, sind daher auch im TT regelmäßig zu hören.) Größere Räder als 17-Zöller machen auch keinen Sinn sie verschlechtern den Fahrkomfort noch weiter und wirken von weitem wie Kutschräder. Überdies verschlechtern sie die Spurtleistung; laut auto motor & sport-Test zeigt der TT auf 17-Zöllern die beste Performance.
Ausstattung + Komfort
Vom Motor und der Elektronik einmal abgesehen, hat Audi mit dem TT ein nahezu perfektes Auto auf die Räder gestellt. Das vormals innovative, inzwischen nicht mehr ganz so aufregend wirkende Design ist immer noch gefällig; die Verarbeitung ist auch heute noch "State of the Art". Vieles von dem, was im "Ur"-TT zum ersten Mal in einem Auto gezeigt wurde, wurde von anderen Autoherstellern übernommen. Die massiven Lüftungsdüsen, die vielen Aluminium-Applikationen im Innenraum, der Alu-Tankdeckel und die metallischen Überrollbügel beeindrucken auch jene, die gutes Styling erst erkennen, wenn es sie in die Nase beißt.
Das Verdeck wenngleich ungefüttert und nur halbautomatisch ist 100%ig waschstraßen- und wintertauglich; eine beheizbare Echtglas-Heckscheibe wie im TT gab es beim Porsche Boxster erst Jahre später nach dem zweiten Facelift. Das BOSE-Soundsystem klingt auch im Roadster sehr ordentlich, hier dreht man gern den Volume-Regler nach rechts (zumal der dünne TT-Motorsound und das Turbozischen nicht wirklich betören).
Alltagsnutzen
Der TT steht bekanntlich auf der Golf-Plattform und hat daher eigentlich Platz für vier Sitze. Da dem Roadster die zweite Sitzreihe fehlt, gibt es nach hinten genügend Platz für das Verdeckfach und einen die Bezeichnung verdienenden Kofferraum. Tatsächlich ist der offene TT einer der "kofferraumstärksten" Roadster, die derzeit auf dem Markt sind. Zwei große Koffer bzw. mehrere Getränkekisten lassen sich hier ohne Schwierigkeiten unterbringen, und im Vergleich zum 225-PS-Quattro-TT ist der Kofferraum des 180-PS-Frontrieblers noch einmal ein ganzes Stück tiefer.
Mit der Übersichtlichkeit ist es beim TT (der als Coupé aufgrund seiner schmalen Fenster auch "Panzerspähwagen" genannt wird) nicht weit her: Das Verdeck hat keine "B-Säule" bzw. keine Fenster mehr nach den Seitenscheiben, sodass man beim Rückwärtseinparken mit geschlossenem Dach einfach wissen muss, wo der Wagen aufhört. Na ja wenn man keine Frau ist, sollte man's nach 2 Wochen drauf haben ...!
Verbrauch
Der Turbo trinkt teures Super Plus, ist aber kein Säufer. Wenn man das Verbrauchsverhalten eines Turbomotors kennt (kaum Verbrauch bei Drehzahlen unter 3.000 U/min, allerdings auch wenig Leistung; ab 3.000 U/min ordentlich Bums mit entsprechendem Durst) und entsprechend fährt, kommt man mit weniger als 10 l aus. Bei schwerem Gasfuß können es natürlich auch 12 l oder noch mehr sein. Super zu tanken ist möglich, bietet aber keinen Vorteil, da die Leistung geringer ist und man dann automatisch heftiger aufs Gas tritt. Immerhin: Ein früher Porsche Boxster, mit 204 PS nur gerinfgügig stärker motorisiert, ist nicht unter 14 l zu bewegen und fährt kein Stück schneller.
Vorzüge/Nachteile
Zu den Vorzügen des TT zählen die hervorragende Verarbeitung, das gute Image, die ordentlichen Fahrleistungen und der hohe Alltagsnutzwert. Außerdem gefällt mir persönlich das gelungene Design. Nachteile sind der anfällige Turbolader und die zickige Elektronik (das Kombi-Instrument nervt vielfach mit Drehzahlmesser- und Tankuhr-Ausfällen, die Radio-Lautstärkeregelung spinnt, der CD-Wechsler kackt regelmäßig ab, und ständig leuchten Warnlampen im Display).
Ersatzteile für den TT sind zum Glück nicht extrem teuer, der VW-Plattformstrategie sei Dank. Audi-Mechanikerstunden haben indes ihren Preis, und für einen dämlichen Tankgeber insgesamt 400.- EUR zahlen zu müssen (mit Aus- und Einbau des Beifahrersitzes, Abnehmen der Innenverkleidung usw.), erscheint mir alles andere als angemessen. Fazit: Der TT ist ein schickes und eigentlich auch erschwingliches Auto mit hohem Spaßfaktor, von frühen Baujahren ist aufgrund zahlreicher Kinderkrankheiten allerdings Abstand zu nehmen.