Außen Philippe Starck, Innen Bauhaus.
Außen zu klein für die Kompaktklasse, Innen weit jenseits der Kleinwagenklasse.
Anders als die A-Klasse von Mercedes hat es der A2 nicht geschafft diesen Spagat zu bewältigen. Nach nur 5 Jahren Bauzeit wurde der A2 2005 wegen Erfolglosigkeit eingestellt, zu weit waren die Audi Ingenieure und Designer dem Mainstream vorausgeeilt.
Über Schönheit kann man bekanntlich nicht streiten, aber am Design des A2 scheiden sich eindeutig die Geister. Man hasst ihn oder liebt ihn, aber das war beim Citroen 2CV (mein erstes Auto) oder beim Ro80 auch schon so. Die Zukunft wird es erweisen, aber für mich gehört der A2 ins Design-Museum.
Design und Aerodynamik haben aber Ihre Nachteile. Die Übersichtlichkeit, insbesondere im Bereich der A und B-Säule und die Sicht durch die Heckscheibe, sind vorsichtig ausgedrückt mehr als bescheiden. Während es noch halbwegs zu verschmerzen ist, dass das Gesicht des nettem Mädels das in der Ampelschlange hinter mir steht vom Heckspoiler verdeckt wird (Flirtfaktor = 0), muss man im innerstädtischen Verkehr äußerst vorausschauend agieren, da weite Bereiche um das Fahrzeug herum einfach nicht einsehbar sind.
Das klassisch schlichte Innenraumdesign in gewohnt hoher Audi Qualität gibt nur wenig Anlass zur Klage. Anders als beim Karosseriedesign mit geschwungener Linienführungen und fließenden Übergängen im Stile Philipe Starcks, herrscht im Innenraum gradlinig kühle Sachlichkeit. Alles ist dort wo man es erwartet und gut erreichbar. Die Bedienung gibt auch ohne Studium der Betriebsanleitung keine Rätsel auf. Die Haptik der verwendeten Materialien entspricht dem Premiumanspruch und auch wenn einige Oberflächen relativ leicht Gebrauchsspuren annehmen, so sind diese, bis auf einige Macken von der Gurtschließe in der B-Säulenverkleidung, mit einem feuchten Microfasertuch leicht wieder zu entfernen.
Das leicht erhöhte vorderen Gestühl erleichtert Ein- und Ausstieg und lässt Fahrer und Beifahrer weiter blicken. Den Zusatz “Sport-“ verdienen die in meinem A2 verbauten sehr bequemen roten Ledersitze, die man auch nach einigen Stunden Reisedauer entspannt und schmerzfrei verlassen kann, selbst bei komplett eingefahrener Lordosestütze nur bedingt, ist die Sitzbreite doch für XXL-Gesäße dimensioniert und der Seitenhalt der Sitzwangen wird erst nach einer kurzen Rutschpartie erreicht. Aufgrund des weiten Verstellbereichs der vorderen Sitze ist es auch 2m-Menschen möglich eine dauerhaft bequeme Sitzposition zu finden. Dazu trägt auch das in Höhe und Weite verstellbare Lenkrad bei. Mit seine Mitreisenden sollte man allerding gut verstehen, denn aufgrund der geringen Fahrzeugbreite sitzt man doch recht nahe beieinander. Die Rückbank besteht aus diesem Grund in der Standardausführung auch aus zwei Einzelsitzen, ein dritter Sitzplatz war nur als Sonderausstattung zu erhalten (Unter Verzicht auf die Demontagemöglichkeit der Rücksitze) Auf den hinteren Plätzen sitzt man trotz nur gut 3,8 m Außenlänge recht kommod. Spacefloor sei Dank, verschwinden die Füße einfach im abgesenkten Fußraum unter den Vordersitzen und man sitzt relativ aufrecht wie auf einem bequemen Polsterstuhl, ohne das die Knie kleinwagentypisch unter das Kinn geklemmt werden müssen. Die hinteren Sitze ergeben, einmal umgeklappt, zusammen mit dem falt- und herausnehmbaren Kofferraumzwischenboden, eine ebene Ladefläche knapp unterhalb der Stoßstangenoberkante. Noch einmal klappen, Zwischenboden raus und man hat wieder einen ebenen Kofferraumboden, nur diesmal ca. 20 cm tiefer. Wird noch mehr Platz benötigt, lassen sich die beiden Einzelsitze ohne weiteren Aufwand mit einem Tragegriff entnehmen. Platz satt, nicht ganz A-Klasse Niveau, aber mehr als in einem Golf. Die Heckklappe ist relativ weit vorne angeschlagen und öffnet weit, so dass der Zugang zum Kofferraum auch für besagten 2m Menschen problemlos und ohne Anstoßgefahr möglich ist.
Unter dem Kofferraumboden findet man noch die üppig dimensionierte Batterie, das ordentlich und klapperfrei in Styroporformblöcken fixierte Bordwerkzeug und einen Minikompressor samt Reifendichtmittel. Ein Reserverad sucht man vergeblich.
Vom Designmuseum zum Technikmuseum:
Dort gehört der A2 eines Tages mit Sicherheit hinein. Heute, rund 10 Jahre nach der Vorstellung, ist der A2 in vielen technischen Belangen den aktuell angebotenen Fahrzeugen der Kleinwagen- oder Kompaktklasse immer noch überlegen. So ist z.B. ein CW-Wert von 0,28 auch heute noch ein in diesen Klassen unerreichter Bestwert und dabei hat Audi hier im Bereich des Unterbodens (nicht komplett verkleidet) und der Motorhaube (Scheibenwischer nicht abgedeckt) noch Potenzial verschenkt. Apropos Motorhaube. Hier wir häufig bemängelt, dass diese nicht zu öffnen wäre, aber für alle A2-Fahrer/ innen bei denen ein Blick in den Motorraum eines modernen Autos mehr als ein grübelndes Stirnrunzeln hervorzurufen vermag, ist das Entfernen der Motorhaube nach dem Lösen von zwei Knebelschrauben kein Problem. Das geht auch auf dem Laternenparkplatz, die Haube findet bei fehlender Ablagemöglichkeit im Kofferraum ihr Plätzchen. Für alle Anderen ist m. E. die Serviceklappe zur Kontrolle und zum Nachfüllen von Motoröl und Wischwasser völlig ausreichend.
Die komplett aus rostfreiem Aluminium oder Kunststoff bestehende Karosserie die im vergleich zur Stahlvariante ca. 200 kg gewicht (und damit fast 1 Liter Sprit / 100 km) spart wird im Großserienbau dieser Klasse wohl auf Ewig ein Unikum bleiben.
Der seit dem Modellwechsel 2002 / 2003 orderbare 1,6 l FSI Motor mit 110 PS ist einer wenigen wirklich “mager“ verbrennenden Schichtlademotoren mit NOX-Speicherkat die jemals gebaut wurden. Die NOX-Sonde, die zur Steuerung des Magerbetriebs erforderlich ist, gehört zu den systemimmanenten Schwachstellen dieses Antriebs. AnfFast jedem FSI wird sie in einem Autoleben mindestens einmal gewechselt werden. Der von einigen Fahrer / innen beklagte hohe Verbrauch ist eindeutig von der Fahrweise abhängig. Anders als “normale“ Saugmotoren arbeitet der FSI nicht bei voll geöffneter Drosselklappe (also Vollgas) am effektivsten, sondern solange der effektive Mitteldruck bei Drehzahlen bis gut 3500 U/min unter 5 bar bleibt, man also mit dem Gasfuß eher zurückhaltend agiert und auf der Autobahn nicht schneller als 130 km/h fährt. Ich konnte meinen Durchschnittsverbrauch durch erlernen der FSI-Fahrweise von Anfangs 6.9 l/100 km inzwischen auf unter 5,7 l/100 km drücken ohne signifikant länger für den Weg zur Arbeit zu benötigen. Entspannter ist diese Fahrweise allemale. Wenn man es darauf anlegt, haben das Drehmoment von 155 Nm und die Leistung von 110 PS aber wenig Mühe dem A2 zu recht flotten Fahrleistungen zu verhalfen. Dazu will der Motor allerdings gedreht werden. Im unteren Drehzahlbereich ist die Motorelektronik eindeutig auf Sparsamkeit getrimmt. Das beginnt mit der Anfahrschwäche und geht über in eine nur träge Gasannahme. Erst bei voll durchgetretenem Gaspedal ahnt man, dass hier immerhin 110 PS Spitzenleistung anliegen sollen. Ab ca. 4500 U/min kommt aber die zweite Luft und es geht, auch dank des relativ kurz übersetzten Getriebes, deutlich zügiger voran. Das Motörchen treibt die Tachonadel unter erstaunlichem Getöse zügig auf die 200 km/h Marke zu und wenn man den rechten Fuß weiter auf dem Bodenblech belässt, wird der Vortrieb auch in der Ebene erst vom bei ca. 6250 U/min abregelden Drehzahlbegrenzer gestoppt. Dann stehen 225 km/h auf der Uhr (Lt. Navi sind das echte 210 km/h) und eine Unterhaltung ist nur noch mit erhobener Stimme möglich. Im Extremversuch über rund 300 km liegt der Verbrau bei dieser Fahrweise und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 187 km/h (!!!) bei 12,5 l/100 km. Auf dem Rückweg mit einer mittleren Geschwindigkeit von 89 km/h und ohne Windschatten wurden 4,5 l/100 m erreicht.
Entgegen der oben beschriebenen Geräuschkulisse bei Volllast halten sich Motor und Windgeräusche bei entspannter Fahrweise relativ zurück, auch wenn die Aluminiumkarosserie prinzipbedingt wenig schalldämmend wirkt, was z.B. auch zu einem gewöhnungsbedürftigen Schließgeräusch der hinteren Türen (die vorderen sind besser gedämmt) und der Kofferraumklappe führt. Am hörbasten ist dies in einer Waschanlage wo man sich wie im Inneren von Oskars Blechtrommel fühlt. Das Fahrwerk ist ein aus meiner Sicht gelungener Kompromiss zwischen dem Komfortbedürfnis der Insassen und der erforderlicher Härte die notwendig ist, um die hohe Karosserie sicher auf der Strasse zu halten oder flott über kurvige Landstrassen zu chauffieren. Bei Tempo jenseits von 200 km/h oder kräftigem Seitenwind erfordert es trotzdem einen aufmerksamen Fahrer um die Fuhre ruhig zu halten. Ansonsten unterstützen einen noch ein ABS, ASR und ein nicht abschaltbares, relativ früh eingreifendes, ESP System bei der sicheren Fortbewegung. Ein immer noch zeitgemäßes Konzept, ebenso wie die passive Sicherheit mit bis zu 6 Airbags (Kopfairbags waren als Extra erhältlich).
Fazit:
Der A2 war seiner Zeit zu weit voraus und wurde von seinen potenziellen Kunden nicht verstanden was allerdings nicht am A2 selber, sondern eher an der Unfähigkeit der Marketingabteilung oder dem fehlenden Willen zum Erfolg gelegen hat. Mercedes ist es (trotz Elchtest) gelungen, der deutlich “schwächere“ A-Klasse zu einem Erfolg zu verhelfen, der dem A2 verwehrt geblieben ist. Verdient gehabt hätte er es, aber so bleibt mir der Trost schon heute einen zukünftigen Klassiker zu fahren der sich wohltuend von dem automobilen Einheitsbrei abhebt und dessen Fangemeinde stetig wächst.