So fährt der Maserati MC20 - Reanimation
Testbericht
Maserati stand kurz davor, im Niemandsland der europäischen Automobilindustrie zu versinken. Mit dem Supersportwagen MC20 meldet sich der italienische Autobauer zurück und liefert mit dem in Eigenregie entstandenen Triebwerk gleich ein Sahnestück.
Über Maserati kreisten schon die Geier. Nicht wenige haben der italienischen Traditionsmarke eine ähnlich düstere Zukunft vorhergesagt wie Lancia. Einst ein stolzer Autobauer und jetzt nur noch ein Appendix im Fiat-Chrysler-Konzern. Dieses traurige Schicksal bleibt Maserati erspart. Mit dem Supersportwagen MC20 wollen die Italiener ein fulminantes Comeback feiern und gleichzeitig Konkurrenten wie dem Porsche 911 Turbo S, dem McLaren 720S und vor allem dem Ferrari Roma das Leben schwer machen. Jahrelang hing Maserati am Tropf der Edel-Sportwagenmarke aus Maranello, musste Motoren sowie Architekturen übernehmen und diese allzu teuer bezahlen. Dazu kommt, dass die Ferrari-Manager ihr ausgeprägtes Selbstbewusstsein nicht nur nach außen hin zur Schau stellen, sondern auch bei internen Diskussionen des FCA-Konzerns.
Beim Motor behalten die Dreizack-Ingenieure das Heft des Handelns nunmehr in der eigenen Hand. Damit kommt nach über 20 Jahren das Herz eines Maserati wieder aus dem eigenen Haus. Um den Ferraris, McLaren und Porsches Paroli zu bieten, ist das Beste dabei nur gut genug. Das geht schon beim Namen los. Die traditionsbewussten Italiener haben das doppelt aufgeladene V6-Triebwerk \"Nettuno\" (Neptun) getauft. Die Leistung von 463 kW / 630 PS und einem maximalen Drehmoment von 730 Newtonmetern entspricht dem des V12-Monsters im MC12, allerdings bei halbiertem Hubraum von jetzt gerade einmal drei Litern. Ein technisches Highlight ist die sogenannte MTC (Maserati Twin Combustion), eine Vorkammer-Einspritzung in Kombination mit einer Doppelzündung, ähnlich wie sie in der Formel 1 verwendet wird. Bei hoher Last wird lediglich das Gemisch in der Vorkammer, die sich über dem eigentlichen Brennraum entzündet, und dessen Flammen bringen durch mehrere Düsen auch das Gemisch in der Hauptkammer zur Explosion. Bei niedrigen Lastzuständen zündet erst die Kerze im großen Brennraum und dann erst das Vorzimmer. Durch diesen Kniff erreichen die Maserati mit dem Nettuno-Motor die Emissionsvorgaben bei einer hohen PS-Zahl und reduzieren den Kraftstoffverbrauch um rund 30 Prozent. Dazu kommt, dass das Triebwerk deutlich kompakter gestaltet werden kann und sich damit perfekt in das Mittelmotorkonzept des Maserati MC20 einfügt.
Der Maserati MC20 soll bequemer Gran Turismo Langstreckengleiter und Supersportwagen in einem sein. Der Komfort geht schon beim Einsteigen los. Von minimalistischer Rennsportenge ist keine Spur. Ohne Turnerverrenkung gleitet man in die bequemen Sitzschalen und findet schnell eine gute Sitzposition. Das Cockpit erschlägt den Fahrer nicht mit einem Infotainment-Tsunami, ein zentraler 10,25 Bildschirm und ein gleichgroßer Monitor für die virtuellen Instrumente müssen reichen - und das tun sie auch. Dass Informationskinos nicht zu den Stärken der italienischen Autobauer gehört, zeigt sich auch beim Maserati MC20 sehr schnell.
Per Knopfdruck erwacht der Sechszylinder zum Leben. Anstelle eines Manettinos am Lenkrad wählt man den Fahrmodus mit einem großen zentralen Drehknopf auf der Mittelkonsole aus. Zur Auswahl stehen: GT, Sport, Corsa und Wet. Im Gran Turismo Reisemodus gibt der Sportwagen tatsächlich den Komfort-Gentleman und steckt Querfugen und andere Unebenheiten souverän weg. Eine Konsequenz der verwindungssteifen Karosserie. Dementsprechend zurückhaltend agiert auch das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe und vollzieht die Fahrstufenwechsel möglichst unmerklich. \"Bei jedem Fahrprogramm haben wir zwei Dämpferabstimmungen: eine komfortable und eine sportlichere\", erklärt Techniker Frederico Landini. Aktiviert werden die beiden Alternativen per Knopfdruck in der Mitte des Drehknopfs und bewirken bei jedem der vier Fahrprogramme einen deutlich spürbaren Unterschied. Richtig zur Sache geht es bei Sport und vor allem Corsa. Dann legt der italienische Signore seine höfliche Zurückhaltung ab und der Antriebsstrang wartet wie ein Athlet, der in den Startblöcken kauert, nur auf ein Signal des Drive by Wire digitalen Gaspedals, um alles aus sich herauszuholen. Dabei untermalt der Sechszylinder den ungestümen Vorwärtsdrang mit einem satten wohltönenden Bariton und verzichtet auf ein krawalliges Herausposaunen seiner Potenz.
Das Triebwerk lässt Taten sprechen und reagiert in den Dynamikmodi unmittelbar an. Dann sprintet der 1.470 Kilogramm schwere Maserati in weniger als 2,9 Sekunden auf 100 km/h und ist bis zu 325 km/h schnell. Bei solchen Geschwindigkeiten hilft auch eine ausgefeilte Aerodynamik, die ohne auffällige Beplankung auskommt und den MC20 bei Tempo 300 mit 180 Kilogramm auf den Asphalt presst. Die automatisierten Gangwechsel sind bei dem gefahrenen Prototypen bisweilen noch etwas ruppig. \"Da sind wir gerade bei der Abstimmung\", erklärt Frederico Landini. Also besser sein Glück mit den beiden riesigen Schaltwippen selbst in die Hand nehmen. Die elektrische Servolenkung macht dagegen schon einen sehr guten Eindruck und lässt den Fahrer an dem Geschehen rings um die Vorderräder teilhaben. Aufgrund der halbvirtuellen Lenkachse vorne und hinten, die in ähnlicher Konfiguration schon bei der Alfa Romeo Giulia zum Einsatz kommt, ist das Volant auch weitgehend von Antriebseinflüssen befreit und der Vorderwagen lenkt in auch in engen Kurven mit einer beeindruckenden Leichtigkeit ein.
Dank der paritätischen Achslastverteilung und dem Mittelmotorkonzept bleibt der 1.470 Kilogramm schwere Sportwagen in engen Kurven und schnellen Links-rechts-Kombinationen lange neutral. Nur wenn man es übertreibt, meldet sich das Heck freundlich zu Wort, unterstützt zunächst die Querdynamik und zuckt freundlich, wenn man zu früh auf das Gas steigt, ohne den Fahrer vor große Probleme zu stellen. Die ebenfalls als Brake-by-Wire digital ausgelegte Karbon-Keramik Bremse packt kräftig zu, fühlt sich aber zu synthetisch an. Im Frühjahr 2021 wird der Maserati MC20 für einen Preis von 210.000 Euro zu haben sein. Nach dem Sportwagen werden noch ein offener Spider und eine rein elektrische Version auf den Markt kommen.
Über Maserati kreisten schon die Geier. Nicht wenige haben der italienischen Traditionsmarke eine ähnlich düstere Zukunft vorhergesagt wie Lancia. Einst ein stolzer Autobauer und jetzt nur noch ein Appendix im Fiat-Chrysler-Konzern. Dieses traurige Schicksal bleibt Maserati erspart. Mit dem Supersportwagen MC20 wollen die Italiener ein fulminantes Comeback feiern und gleichzeitig Konkurrenten wie dem Porsche 911 Turbo S, dem McLaren 720S und vor allem dem Ferrari Roma das Leben schwer machen. Jahrelang hing Maserati am Tropf der Edel-Sportwagenmarke aus Maranello, musste Motoren sowie Architekturen übernehmen und diese allzu teuer bezahlen. Dazu kommt, dass die Ferrari-Manager ihr ausgeprägtes Selbstbewusstsein nicht nur nach außen hin zur Schau stellen, sondern auch bei internen Diskussionen des FCA-Konzerns.
Beim Motor behalten die Dreizack-Ingenieure das Heft des Handelns nunmehr in der eigenen Hand. Damit kommt nach über 20 Jahren das Herz eines Maserati wieder aus dem eigenen Haus. Um den Ferraris, McLaren und Porsches Paroli zu bieten, ist das Beste dabei nur gut genug. Das geht schon beim Namen los. Die traditionsbewussten Italiener haben das doppelt aufgeladene V6-Triebwerk \"Nettuno\" (Neptun) getauft. Die Leistung von 463 kW / 630 PS und einem maximalen Drehmoment von 730 Newtonmetern entspricht dem des V12-Monsters im MC12, allerdings bei halbiertem Hubraum von jetzt gerade einmal drei Litern. Ein technisches Highlight ist die sogenannte MTC (Maserati Twin Combustion), eine Vorkammer-Einspritzung in Kombination mit einer Doppelzündung, ähnlich wie sie in der Formel 1 verwendet wird. Bei hoher Last wird lediglich das Gemisch in der Vorkammer, die sich über dem eigentlichen Brennraum entzündet, und dessen Flammen bringen durch mehrere Düsen auch das Gemisch in der Hauptkammer zur Explosion. Bei niedrigen Lastzuständen zündet erst die Kerze im großen Brennraum und dann erst das Vorzimmer. Durch diesen Kniff erreichen die Maserati mit dem Nettuno-Motor die Emissionsvorgaben bei einer hohen PS-Zahl und reduzieren den Kraftstoffverbrauch um rund 30 Prozent. Dazu kommt, dass das Triebwerk deutlich kompakter gestaltet werden kann und sich damit perfekt in das Mittelmotorkonzept des Maserati MC20 einfügt.
Der Maserati MC20 soll bequemer Gran Turismo Langstreckengleiter und Supersportwagen in einem sein. Der Komfort geht schon beim Einsteigen los. Von minimalistischer Rennsportenge ist keine Spur. Ohne Turnerverrenkung gleitet man in die bequemen Sitzschalen und findet schnell eine gute Sitzposition. Das Cockpit erschlägt den Fahrer nicht mit einem Infotainment-Tsunami, ein zentraler 10,25 Bildschirm und ein gleichgroßer Monitor für die virtuellen Instrumente müssen reichen - und das tun sie auch. Dass Informationskinos nicht zu den Stärken der italienischen Autobauer gehört, zeigt sich auch beim Maserati MC20 sehr schnell.
Per Knopfdruck erwacht der Sechszylinder zum Leben. Anstelle eines Manettinos am Lenkrad wählt man den Fahrmodus mit einem großen zentralen Drehknopf auf der Mittelkonsole aus. Zur Auswahl stehen: GT, Sport, Corsa und Wet. Im Gran Turismo Reisemodus gibt der Sportwagen tatsächlich den Komfort-Gentleman und steckt Querfugen und andere Unebenheiten souverän weg. Eine Konsequenz der verwindungssteifen Karosserie. Dementsprechend zurückhaltend agiert auch das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe und vollzieht die Fahrstufenwechsel möglichst unmerklich. \"Bei jedem Fahrprogramm haben wir zwei Dämpferabstimmungen: eine komfortable und eine sportlichere\", erklärt Techniker Frederico Landini. Aktiviert werden die beiden Alternativen per Knopfdruck in der Mitte des Drehknopfs und bewirken bei jedem der vier Fahrprogramme einen deutlich spürbaren Unterschied. Richtig zur Sache geht es bei Sport und vor allem Corsa. Dann legt der italienische Signore seine höfliche Zurückhaltung ab und der Antriebsstrang wartet wie ein Athlet, der in den Startblöcken kauert, nur auf ein Signal des Drive by Wire digitalen Gaspedals, um alles aus sich herauszuholen. Dabei untermalt der Sechszylinder den ungestümen Vorwärtsdrang mit einem satten wohltönenden Bariton und verzichtet auf ein krawalliges Herausposaunen seiner Potenz.
Das Triebwerk lässt Taten sprechen und reagiert in den Dynamikmodi unmittelbar an. Dann sprintet der 1.470 Kilogramm schwere Maserati in weniger als 2,9 Sekunden auf 100 km/h und ist bis zu 325 km/h schnell. Bei solchen Geschwindigkeiten hilft auch eine ausgefeilte Aerodynamik, die ohne auffällige Beplankung auskommt und den MC20 bei Tempo 300 mit 180 Kilogramm auf den Asphalt presst. Die automatisierten Gangwechsel sind bei dem gefahrenen Prototypen bisweilen noch etwas ruppig. \"Da sind wir gerade bei der Abstimmung\", erklärt Frederico Landini. Also besser sein Glück mit den beiden riesigen Schaltwippen selbst in die Hand nehmen. Die elektrische Servolenkung macht dagegen schon einen sehr guten Eindruck und lässt den Fahrer an dem Geschehen rings um die Vorderräder teilhaben. Aufgrund der halbvirtuellen Lenkachse vorne und hinten, die in ähnlicher Konfiguration schon bei der Alfa Romeo Giulia zum Einsatz kommt, ist das Volant auch weitgehend von Antriebseinflüssen befreit und der Vorderwagen lenkt in auch in engen Kurven mit einer beeindruckenden Leichtigkeit ein.
Dank der paritätischen Achslastverteilung und dem Mittelmotorkonzept bleibt der 1.470 Kilogramm schwere Sportwagen in engen Kurven und schnellen Links-rechts-Kombinationen lange neutral. Nur wenn man es übertreibt, meldet sich das Heck freundlich zu Wort, unterstützt zunächst die Querdynamik und zuckt freundlich, wenn man zu früh auf das Gas steigt, ohne den Fahrer vor große Probleme zu stellen. Die ebenfalls als Brake-by-Wire digital ausgelegte Karbon-Keramik Bremse packt kräftig zu, fühlt sich aber zu synthetisch an. Im Frühjahr 2021 wird der Maserati MC20 für einen Preis von 210.000 Euro zu haben sein. Nach dem Sportwagen werden noch ein offener Spider und eine rein elektrische Version auf den Markt kommen.
Quelle: Autoplenum, 2020-12-01
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